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Abbruch lebenserhaltender Behandlung auf der Grundlage des Patientenwillens
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 25.6.2010 eine
Grundsatzentscheidung über die Auswirkungen eines Abbruchs von
lebenserhaltenden Maßnahmen auf der Grundlage des Patientenwillens
getroffen. In dem entschiedenen Fall wurde eine Patientin in einem
Pflegeheim über eine sog. PEG-Sonde künstlich ernährt.
Eine Besserung ihres Gesundheitszustandes war nicht mehr zu erwarten.
Entsprechend einem von ihr mündlich für einen solchen Fall geäußerten
Wunsch bemühten sich ihre Kinder, die inzwischen zu Betreuern ihrer
Mutter bestellt worden waren, um die Einstellung der künstlichen Ernährung,
um ihrer Mutter ein Sterben in Würde zu ermöglichen. Nach
Auseinandersetzungen mit der Heimleitung kam es zu einem Kompromiss,
wonach die Kinder der Patientin selbst die Ernährung über die
Sonde einstellen, die erforderliche Palliativversorgung durchführen
und ihrer Mutter im Sterben beistehen sollten.
Nachdem die Tochter die Nahrungszufuhr über die Sonde beendet hatte,
wies die Geschäftsleitung des Gesamtunternehmens jedoch die
Heimleitung an, die künstliche Ernährung umgehend
wiederaufzunehmen. Daraufhin erteilte der Rechtsanwalt der Familie den
Rat, den Schlauch der PEG-Sonde unmittelbar über der Bauchdecke zu
durchtrennen. Die Tochter schnitt mit Unterstützung ihres Bruders den
Schlauch durch.
Der angeklagte Rechtsanwalt wurde nunmehr vom BGH freigesprochen.
Divergenzen in der Rechtsprechung betrafen die Verbindlichkeit von sog.
Patientenverfügungen und die Frage, ob die Zulässigkeit des
Abbruchs einer lebenserhaltenden Behandlung auf tödliche und
irreversibel verlaufende Erkrankungen des Patienten beschränkt oder
von Art und Stadium der Erkrankung unabhängig ist, daneben auch das
Erfordernis der gerichtlichen Genehmigung einer Entscheidung des
gesetzlichen Betreuers über eine solche Maßnahme.
Der Gesetzgeber hat diese Fragen durch das sog. Patientenverfügungsgesetz
mit Wirkung vom 1.9.2009 ausdrücklich geregelt. Die in der
Vergangenheit geäußerte Einwilligung der Patientin, die ihre
Betreuer geprüft und bestätigt hatten, entfaltete bindende
Wirkung und stellte sowohl nach dem seit dem 1.9.2009 als auch nach dem
zur Tatzeit geltenden Recht eine Rechtfertigung des Behandlungsabbruchs
dar. Dies gilt jetzt unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung.
Die von den Betreuern geprüfte Einwilligung der Patientin
rechtfertigte nicht nur den Behandlungsabbruch durch bloßes
Unterlassen weiterer Ernährung, sondern auch ein aktives Tun, das der
Beendigung oder Verhinderung einer von ihr nicht oder nicht mehr gewollten
Behandlung diente.
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